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Die Bibliothek der Max Freiherr von Oppenheim Stiftung

Die Max-Freiherr von Oppenheim Stiftung mit ihrer Bibliothek und Kunstsammlung geht auf ihren Begründer Baron Max Freiherr von Oppenheim zurück, der Diplomat, Forschungsreisender, Archäologe und Kunstsammler war. Er wurde 1860 in Köln geboren und starb 1946 in Landshut. Zu seinen bedeutendsten Funden zählen Steinfiguren und Reliefplatten aus dem 9. Jhd. vor Chr. und prähistorische Buntkeramik aus dem 6.-5. Jhd. v. Chr. Die Max-Freiherr von Oppenheim Stiftung wurde 1929 in Berlin gegründet.

Abenteurer oder Imperialist?

Max Freiherr von Oppenheims Person und Aktivitäten sind aus heutiger Sicht nicht leicht zu bewerten. Zum einen leistete er wichtige Beiträge zur wissenschaftlichen Erforschung der alten und zeitgenössischen nahöstlichen Kulturen: Neben seinen archäologischen Aktivitäten ("Tell Halaf") verfasste er unter anderem ein mehrbändiges Werk zu den Beduinen in Syrien. Auch seine Reiseberichte gelten weiterhin als wichtige Zeitdokumente, auch wenn in einigen der Texte problematische Aussagen zu finden sind. So schreibt er in seinem Reisebericht „Von Damaskus nach Bardad“ aus dem Jahr 1893: „Herrliche Basreliefs, mit Keilschriften und figürlichen Darstellungen bedeckt, gewaltige Stiere mit menschlichen Köpfen &c. liegen zu tage und harren ihrer Verladung auf Flöße, um europäischen Museen zugeführt zu werden.“ Solche Aussagen stützen die Annahme, dass manche europäische Akteure in 'orientalischen' Ländern intentional Kulturraub betrieben. (Die Vorstellung, antike vorderasiatische und nordafrikanische Objekte gehörten (nach) Europa, war zu jener Zeit und noch viele Jahrzehnte danach fest in der kolonial-rassistischen Vorstellung von Europäer*innen verwurzelt.)

Zum anderen aber war von Oppenheim einer der Protagonisten der deutschen Orientpolitik im Ersten Weltkrieg und maßgeblich an der Idee einer „Revolutionierung der islamischen Gebiete“ und Propagierung eines ‚modernen‘ Dschihad-Konzepts beteiligt. Er führte also nicht nur ein sehr ausgefülltes Leben voller Abenteuer, sondern war wie nicht wenige andere Orientalisten und ‚Orientkenner‘ seiner Zeit in die imperialistischen Bestrebungen Deutschlands verstrickt. In Kolonialstaaten wie England, Frankreich oder den Niederlanden waren Orientalisten allerdings schon viel länger in imperiale und koloniale Politik involviert, wie u. a. Edward Said aufgezeigt hat. Deshalb ist es wichtig, die imperialen Bestrebungen Deutschlands im Gesamtkontext des europäischen Imperialismus und Kolonialismus zu betrachten und zu bewerten. Auch die Agency osmanischer und muslimischer Akteure in der Formung eines neuen militanten und modernen Islamverständnisses muss hierbei Berücksichtigung finden. Leider gibt der Oppenheim-Raum im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln nur oberflächlich Einblicke in diese problematischen Seiten der Biografie von Oppenheims. (Aus wissenschaftlichen und ethischen Gründen sollte dieser Teil der Dauerausstellung überarbeitet werden.)  Die Bemühungen, mit religiös konnotierter Propaganda muslimische Männer für die deutsche Seite zu mobilisieren, wiederholten sich im Zweiten Weltkrieg unter dem Nationalsozialismus. Allerdings spielte von Oppenheim hierbei keine Rolle mehr, obwohl er dies wohl anfänglich erneut anstrebte. Anhand der Biografie von Oppenheims werden aber noch weitere, auch heute noch relevante Aspekte sichtbar: Die Zerstörungen seiner antiken Sammlungen in Berlin zeigen, dass fremdes Kulturerbe in europäischen Ländern nicht unbedingt sicherer als in Ländern des Globalen Südens ist, ein häufig ins Feld gebrachtes Argument gegen Forderungen nach Restitution. Zudem muss erwähnt werden, dass von Oppenheim aufgrund der in Deutschland herrschenden antisemitischen Strukturen Opfer von Diskriminierung war. So blieb ihm eine höhere Karriere im Auswärtigen Amt deshalb verwehrt.